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28.11.2003, Frankfurter Rundschau

Perspektiven für die Freiheiheit

Verein "Phoenix" hilft Haftentlassenen der JVA Wiesbaden und sucht dafür weitere ehrenamtliche Mitstreiter

Seit vier Monaten unterstützt der Verein "Phoenix" junge Haftentlassene aus der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden auf dem Weg zurück in ein normales Leben in Freiheit.

VON DIRK RÜSING

Wiesbaden · 27. November · "Manchmal hilft es schon, einfach nur da zu sein", sagt Cornelia Kandel. Dasein will die angehende Sozialarbeiterin für junge Menschen, die sich am Anfang einer neuen, sehr speziellen Lebensphase befinden. Zusammen mit ihren Kollegen vom Verein "Phoenix" kümmert sich Kandel ehrenamtlich um Häftlinge, die demnächst aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wiesbaden entlassen werden. "Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, zurück in ein normales Leben zu finden."

Die Unterstützung des Vereins bekommen nicht nur Gefangene, die ihre Strafe bald abgesessen haben. "Phoenix" möchte auch und vor allem bereits aus der Haft Entlassene betreuen. Derzeit kümmern sich die Mitglieder aber lediglich um zwei Personen, die wieder in Freiheit leben. Deren Zahl soll steigen. "Phoenix" ist noch jung - gegründet vor vier Monaten - und befindet sich in der Aufbauphase. Vieles fehlt noch. Es gibt kein eigenes Büro - der Verein residiert in den Hofheimer Räumen der Selbsthilfe im Taunus (SiT) -, es werden weitere Mitstreiter und vor allem Geld benötigt. Im Augenblick sind die "Phoenix"-Aktiven vor allem eines: hoch motiviert.

Initiatorin des Vereins ist die Psychologin Barbara Wood. Seit zweieinhalb Jahren leitet sie in der hiesigen JVA eine Therapiegruppe, in der Häftlinge freiwillig ein Anti-Agressionstraining absolvieren. Bei der Arbeit mit den Gefangenen hat sie festgestellt, dass eine bevorstehende Entlassung viele Männer sehr belastet. "Du wirst mit einem Tritt in den Arsch auf die Straße gesetzt und stehst dann ganz allein da." So habe ein Häftling der Psychologin seine Sorgen geschildert. Das Konzept für die Phoenix-Arbeit hat Barbara Wood auch bewusst gemeinsam mit den Gefangenen erarbeitet.

Entsprechend beginnt "Phoenix" mit seiner Arbeit bereits im Gefängnis. Um die Gunst des Vereins zu erlangen, müssen die Gefangenen zwischen 20 und 24 Jahre alt sein und an der Therapiegruppe von Barbara Wood teilnehmen. Wer in diese Gruppe aufgenommen wird, bestimmt aber die JVA.

"Wir nehmen etwa drei Monate vor der Entlassung den Kontakt zu dem jeweiligen Häftling auf", erzählt Cornelia Kandel. Mit dem ersten Treffen beginnt die Vorbereitung auf die Freiheit. Dabei geht es zunächst um grundsätzliche Dinge. "Wir kümmern uns etwa um Krankenversicherungen und Ausweisangelegenheiten", sagt Kandel. Außerdem werden die künftigen Haftentlassenen bei Schuldenfragen beraten und bei der Job- und Wohnungssuche unterstützt. "Bei diesen Treffen lernen die Gefangenen aber vor allem Leute kennen, die auch nach der Zeit im Gefängnis für sie da sind", sagt Kandel. Das soll ihnen Sicherheit geben.

Außerhalb der Justizvollzugsanstalt will "Phoenix" zwei Wohnprojekte für die Ex-Häftlinge anbieten. Geplant ist erstens, die jungen Männer in ihren eigenen Wohnungen regelmäßig zu besuchen. "Außerdem möchten wir ein Haus oder eine Wohnung anmieten, um dort eine Wohngemeinschaft für die Haftentlassenen zu gründen", erklärt Kandel. Zudem gibt es eine Beratungsstelle, an die sich ehemalige Häftlinge mit ihren Problemen wenden können.

Die Arbeit des Vereins wird auch von der Justizvollzugsanstalt unterstützt. "Schließlich geht es darum, straffällig Gewordene zu resozialisieren und wieder in die Gesellschaft zu integrieren", sagt JVA-Leiter Gernot Kirchner.

Weil Phoenix kaum finanzielle Möglichkeiten hat und keine Zuschüsse von Land und Kommunen erwartet, setzt der Verein besonders auf die Eigenleistung seiner aktuellen und künftigen Mitglieder. Mitmachen kann jeder, der bereit ist, sich mit seinen Fähigkeiten für Häftlinge und Entlassene zu engagieren. Beispielsweise werden Leute gesucht, die Deutschunterricht geben, oder mit den Betroffenen einen Entschuldungsplan ausarbeiten können.

KOMMENTAR

Neue Chance

VON DIRK RÜSING

Wer eine Haftstrafe hinter sich bringt, hat damit für seine Tat gebüßt. Ob seine Schuld damit getilgt ist, steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist aber, dass Menschen nach einem Gefängnisaufenthalt wieder zu Mitgliedern unserer Gesellschaft werden. Da macht es Sinn, ihnen die Unterstützung zu geben, die sie brauchen, um wieder Fuß zu fassen. Es muss darum gehen, diesen Menschen eine neue Chance zu geben. Sonst geraten sie schnell an den Rand der Gesellschaft und damit vielleicht in Versuchung, alte kriminelle Gewohnheiten wieder aufzunehmen. Damit ist niemandem         gedient - nicht der Gesellschaft und schon gar nicht dem Entlassenen.

Unabhängig von der Schwere seiner Schuld hat der Entlassene ohnehin schwer am Stigma des Ex-Sträflings zu tragen. Denn wer vertraut ihm, wer gibt ihm einen seriösen Job oder eine Wohnung? Das Gros der Gesellschaft denkt doch: "Einmal Täter, immer Täter."

Der Verein "Phoenix" gibt als ehrenamtlicher Fürsprecher und Unterstützer von Haftentlassenen ein vorbildliches Beispiel dafür, dass solche Vorurteile zu überwinden sind.


29.11.2003, Wiesbadener Kurier

Sie wollen aus der Asche auferstehen

Phönix bietet jungen Haftentlassenen Hilfe an

Hofheim. (cr) Die Vereinigung "Phönix" betreut seit kurzem jungen Menschen nach der Haftentlassung. Den Namen des wiederkehrenden mythischen Vogels haben die Strafgefangenen selbst ausgesucht, "weil wir ein Häuflein Asche sind und aus dieser auferstehen wollen", lautet ihre Begründung. Das große Problem der Entlassenen sei ihre Hilflosigkeit, sich in der Freiheit zurechtzufinden, erklärte eine Psychologin bei der Vorstellung des vor zwei Monaten angelaufenen Projektes im katholischen Gemeindezentrum St. Bonifatius.

Wichtig sei vor allem, dass diese Aufgabe durch die gleichen Betreuer, die die Jugendlichen in der Justizvollzugsanstalt kennen gelernt haben, übernommen wird. Dadurch habe sich bereits ein Vertrauensverhältnis entwickelt, auf dem man aufbauen könne. Bisher "tauchen viel zu viele der straffällig gewordenen jungen Leute nach einiger Zeit wieder auf", sagt der 1. Vorsitzende von Phönix, Rechtsanwalt Frey. Er will, ebenso wie Gernot Kirchner, Leiter der JVA Wiesbaden, für die jungen Menschen ein Stück Verantwortung übernehmen, auch über die Haft hinaus. "Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zum Rechtsfrieden in unserer Gemeinschaft."

Die angehende Pädagogin Cornelia Kandel, Gründungsmitglied bei Phönix, betonte in ihrem Vortrag die Hilfe zur Selbsthilfe, aber auch die Möglichkeit für die Jugendlichen, ohne den unerträglichen Druck zu leben, der sie oft nach der Haftentlassung erwartet. Ihnen werden verschiedene Formen des betreuten Wohnens und lebenspraktische Hilfe wie die Begleitung zu Behörden und Schuldnerberatung angeboten. Weiterhin werden die Haftentlassenen psychologisch betreut. Von besonderer Bedeutung für die Jugendlichen ist ihre berufliche Integration. Sie werden für Bewerbungsgespräche geschult und bekommen Ausbildungsmöglichkeiten aufgezeigt.

Boris und Konstantin, zwei ehemalige Strafgefangene, hoffen, dass Ihr Leben durch die Hilfe von Phönix eine neue Perspektive erhält. Sie baten, ebenso wie die Phönix-Gründer, um finanzielle und tatkräftige Unterstützung, ohne die das Projekt, so Kirchner, nicht zu schultern sei.

Phönix, Feldstraße 1, 65719 Hofheim a. T., ist unter der Telefonnummer (06192) 2060308 erreichbar.Email: info@vereinphoenix.de 


29.11.2003, Höchster Kreisblatt

"Von Herrn Koch gibt's kein Geld"

Phoenix hilft jungen Häftlingen
Hofheim. Wer aus dem Gefängnis kommt, hat es schwer, sich wieder im normalen Leben zurechtzufinden. "Allein ist das fast nicht zu bewältigen", hat die Hofheimerin Barbara Wood festgestellt, die seit zweieinhalb Jahren junge Häftlinge in der Jugendvollzugsanstalt (JVA) Wiesbaden sozialpsychologisch betreut. Aus diesem Grund hat sie nun mit einigen Mitstreitern den Verein "Phoenix" ins Leben gerufen, der sich nach der Entlassung um junge Häftlinge in der Region kümmern will.
    Etwa 20 Interessenten waren am Mittwochabend in das katholische Gemeindezentrum St. Bonifatius gekommen, um sich unter anderen von Barbara Wood und dem ersten Vorsitzenden von "Phoenix", dem Rechtsanwalt Wolf Frey, über den neuen Verein informieren zu lassen. Frey betonte, dass viele junge Haftentlassene schon bald wieder einsitzen, weil ihnen außerhalb der Gefängnismauern der Halt und die nötige Hilfe fehlten. Ihm selbst habe vor allem die Glaubwürdigkeit und das Stehvermögen von Barbara Wood imponiert. "Und selbstverständlich auch ihre erfolgreiche Arbeit in der JVA." Deshalb habe er sich entschlossen, sich für "Phoenix" zu engagieren.
    Der Rechtsanwalt bat alle Anwesenden ebenfalls um ihre Unterstützung. Diese könne persönlicher Natur sein – so denkt der Verein daran, Patenschaften einzurichten, in deren Rahmen etwa ältere Menschen ihre Lebenserfahrung als "Patenoma oder -opa" an die jungen Haftentlassenen weitergeben.
    Und natürlich braucht der Verein auch Geld. "Denn Herr Koch gibt nichts", stellte Frey trocken fest.

    Wichtigstes Anliegen von "Phoenix" ist die "Hilfe zur Selbsthilfe". In einem ersten Schritt hat der Verein eine offene Sprechstunde für die Betroffenen eingerichtet, in der sie sich montags bis freitags jeweils von 9 bis 12 Uhr

in den Räumen des Vereins in der Feldstraße 1 beraten lassen können – ob es um psychische Probleme geht, die Wohnungssuche oder einen Job. Gerade hierfür hat der Verein mit dem Geschäftsführer der Selbsthilfe im Taunus (SiT) Bernd Fielenbach als stellvertretendem Vorsitzenden den nötigen Sachverstand vorzuweisen. Außerdem plant Phoenix eine ambulante Betreuung, bei der Mitarbeiter des Vereins den jungen Haftentlassenen ein bis zwei Mal pro Woche in seiner eigenen Wohnung besuchen und unterstützen sollen. "Wobei das Hauptproblem ist, überhaupt Wohnungen zu finden", so die angehende Diplom-Pädagogin und Phoenix-Mitglied Cornelia Kandel.

    Für die Zukunft möchte der Verein zudem eine Gruppe mit sozial betreutem Wohnen einrichten, bei dem die jungen Menschen in einer von Phoenix angemieteten Wohnung oder Wohngemeinschaft leben und dort von den Vereinsmitarbeitern betreut werden.
    Der Leiter der JVA Wiesbaden, Gernot Kirchner, betonte, wie wichtig eine Initiative wie die von "Phoenix" für seine Institution ist – und das nicht nur für die betroffenen Haftentlassenen, sondern gerade auch für den Rest der Gesellschaft. Denn schließlich trage eine bessere Betreuung nach der Haft dazu bei, die Rückfallquote abzusenken. "Und das ist nur möglich, wenn sich engagierte Bürger dafür zur Verfügung stellen." Er und seine Mitarbeiter könnten diese Arbeit nicht allein leisten.

    Wer sich weiter über die Arbeit von Phoenix informieren und die Situation in einer Vollzugsanstalt kennen lernen möchte, kann dies am Montag, 1. Dezember, um 17 Uhr in der JVA Wiesbaden tun. Eine Anmeldung ist erforderlich unter (0 61 92) 90 16 99. Weitere Informationen zu Phoenix gibt es im Internet unter www.vereinphoenix.de oder per Telefon unter (0 61 92) 2 06 03 08. (tow) 
 


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